Das Taschentuch
- Schmiedewurm
- 11. März 2019
- 2 Min. Lesezeit
Ich würde mich als fröhlich-zynische Person beschreiben, die mit viel Humor und einer gewissen Portion Pessimismus das Leben angeht. Doch in mir keimt eine grenzenlose Naivität, die ab und an plötzlich ausbricht und mich die Spaltung des Erdbodens herbeisehnen lässt – auch die Schädelspaltung des Gegenübers wäre eine Option, die jedoch mit viel Putzaufwand verbunden wäre und ich deshalb doch die erste Variante bevorzuge.
Eines Tages fing unsere Toilette an zu streiken. Eine Weile ging das auch gut. Ich konnte mit anerkennendem Nicken mein Werk betrachten. Nichtsdestotrotz musste ich anfangen, etwas zu unternehmen, als das Mass voll war und ich den Deckel nicht mehr schliessen konnte, ohne Spuren darauf zu hinterlassen. Und wie bereits festgestellt wurde, bin ich kein Fan von Putzaktionen, die durch Körperteile oder deren Ausscheidungen hervorgerufen werden.
Ich kam nicht mehr drum herum, den Sanitär nach Hause zu bestellen. Dieser diagnostizierte schnell, dass der Schwimmer kaputt war. Ich stellte mir dann einen kleinen Mann vor, der seinen haarigen Körper in Speedos zwängt, seinen immer lichter werdenden Schopf mit einer Badekappe schützt und kraulend gegen die Strömungen der Spülung anschwimmt. Die Taucherbrille beschlagen durch die Anstrengung und das dort vorherrschende Klima. Da er doch knapp 25 Jahre lang Bademeister dieser Toilette war, konnte er getrost in den Ruhestand gehen und durch einen neuen ersetzt werden.
Und wenn ich schon einen Profi in der Hütte habe, wollte ich die Gelegenheit gleich nutzen und ihn fragen, wie man hartnäckige Kalkrückstände entfernen kann. (Das leidige Thema Putzen holt mich immer wieder ein.) Da nicht nur der Schwimmer, sondern die ganze Toilette alt ist, war sein Rat, einfach etwas fallen zu lassen. Ich dachte jedoch, er wolle mir damit demonstrieren, dass die Toilette wieder einwandfrei funktioniert. Daher liess ich stirnrunzelnd, aber mit einer unglaublichen Eleganz und Hingabe ein Taschentuch in die Schüssel fallen.
Der Blick des Sanitär liess mich erahnen, dass ich wohl etwas missverstanden habe. Mein Groschen fiel und die Schamesröte stieg. Meine kindliche Naivität wollte nicht zulassen, dass ich von Anfang an begriff, worauf er anspielte. Um aus unserer Toilette einen Versicherungsfall zu machen, war die Wahl eines Taschentuchs allem Anschein nach nicht die Richtige.
Immerhin bewies er so viel Anstand, mit dem Lachen zu wartete, bis er zur Tür hinaus war.
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