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Der Ritt der Walküre

  • Schmiedewurm
  • 4. Juni 2023
  • 1 Min. Lesezeit

Es klingelt. Ich reisse die Tür auf und nehme zwei Treppenstufen aufs Mal. Nicht meine beste Idee. Das Einzige, das mein Paket und mich noch trennt, ist die Glastüre am Haupteingang. Dem Gesichtsausdruck zu urteilen, ist der Postbote überaus dankbar dafür. Er scheint wohl nicht aller Tage eine Walküre an der Scheibe kleben zu sehen. Langsam legt er das Paket hin, vermeidet jeglichen Augenkontakt und rennt weg. Ich löse mich aus der gläsernen Umarmung, gehe raus und hole die Schachtel. Schweren Schrittes hüpfe ich zurück in die Wohnung. Mein Paket. Mein Schatz. Mein Helm.


Voll ausgerüstet hieve ich mich auf mein Fahrrad. Die - vorzugsweise flache - Welt steht mir nun offen.


Zwischen dem idyllischen Zirpen und dem rauschen der Blätter hört man immer wieder lautes Grunzen. Etwas irritiert darüber, dass Flusspferde im Katzensee leben, trampe ich weiter. Es dauert eine Weile, jedoch nur eine kurze Stecke, bis mir klar wird, die Laute kommen von mir. Ich glaub, ich dreh am Rad. Die Pedalen glühen. Ich hole alles an Flusspferdestärken aus mir raus, damit ich die nächste Anhöhe bezwingen kann. Wie ein Phönix aus der Achsel. Der Schweiss läuft in Strömen. Der Radweg wird zum Flussbett. Ein Weiterkommen unmöglich. Die perfekte Ausrede, um kurz zu verschnaufen.


Die Oberschenkel brennen. Der Duft von gebratenem Speck steigt mir in die Nase. Ich bekomme Hunger. Glücklicherweise habe ich ausgiebig gefrühstückt. Wie ein Wiederkäuer bereitet mein Magen ein lauwarmes Picknick vor. Bröckchen für Bröckchen vomiere ich die vorverdauten Köstlichkeiten hoch. Frisch gestärkt trete ich den Heimweg an.

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