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Limbus des (Er)Grauens

  • Schmiedewurm
  • 22. Feb. 2019
  • 2 Min. Lesezeit

Weshalb ich merke, dass ich dem Limbus des (Er)Grauens immer näher komme? Nicht, weil ich mit meinen Falten Origami-Kurse geben könnte, die Orangenhaut mittlerweile wie ein Hagelschaden aussieht oder ich mit dem Sofakissen liebäugle, um es meinen Unterarmen bequem zu machen, wenn ich aus dem Fenster starre und dabei meine Nachbarschaft ausspioniere. Sondern, dass ich weder das Modephänomen mit den knöchelfreien Hosen verstehe, noch dass es Berufe wie Influencer und YouTube-Star gibt. Auch dass Freunde über die Menge definiert werden, ist mir schleierhaft. Und sollte doch mal ein Austausch stattfinden, beschränkt sich dieser auf das Verkommen der Sprache auf ein paar Emojis. Ich erwische mich auch immer öfters dabei wie ich Anekdoten aus meiner Kindheit erzähle – als alles noch besser war.


Denn wir mussten noch die Telefonnummern unserer Freunde auswendig lernen, da wir keine Smartphones hatten, die das Denken für uns übernommen haben. Heute kann ich kaum meine eigene Nummer aufsagen, ohne dass mein Gegenüber denkt, ich erleide einen Schlaganfall, weil sich meine Augen in den eigenen Hinterkopf bohren, um die richtigen Zahlen zu finden. Wir brauchten noch Stift, Papier und wenn das Taschengeld knapp war, 5 Arbeitstage Zeit, um sich zu verabreden, Beziehungen aufzubauen, wieder zu beenden oder zu mobben.


Wie ein Phönix aus der Asche meiner Jungend, erhebe ich meinen Zeigefinger, um auf Missstände zu zeigen, die aus meinem eigenen Unverständnis geboren wurden. Der Weg zum schrulligen Wesen mit glasigen Äuglein, lila Haaren, gräulich-fahler Haut und Gletscherspalten tiefen Furchen ist geebnet.

Ich schüttle den Kopf ob dieser Generation und hoffe, dass es sich um eine bewusste Handlung meinerseits handelt und nicht Alterszittern. Dabei fällt mein Blick aufs Sofa. Ich zücke mein Handy und schaue wie das Wetter so wird. Es wäre schade, wenn das Kissen nass werden würde.

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