Märtyrer
- Schmiedewurm
- 22. Feb. 2019
- 1 Min. Lesezeit
Hektisch rauscht sie in den Raum, wohlwissend, dass ihre Anwesenheit niemanden interessiert ausser sie selbst. Mit sanfter Stimme und einem Lächeln auf den Lippen grüsst sie jeden – ungefragter Körperkontakt eingeschlossen.
Elfengleich versucht der aufopfernd nörgelnde Märtyrer des Narzissmus sich Gehör zu verschaffen. Mit sanften Bewegungen der zarten Glieder und milder Stimme, die sich nadelgleich unter die Haut bohrt, gibt sie ungefragt ihren Senf dazu. Vorzugsweise zu Themen, die sie nicht betreffen, um zu demonstrieren, dass eben doch jedes Thema von ihr handelt.
Allwissend und mit den ausschliesslich besten Absichten für das eigene Wohl sorgend, versucht sie Verantwortung auf andere abzuwälzen. Mit feinem Finger auf andere zeigend, alle Schuld von sich weisend und die eigenen Vorzüge herzensgut aufzeigend. Ganz nach dem Motto: Tu Gutes und sprich darüber. Sollte der Plan der eigenen Überlegenheit durch die Inkompetenz der Umgebung doch nicht ungehindert aufgehen, wird unter lautem Ächzen und Stöhnen das Stimmchen mit triefendem Selbstmitleid belegt.
Die Unzulänglichkeiten der anderen ist ihre Bürde. Der grazile Körper verkrampft ob der Trauer über die Last der eigenen Vollkommenheit – da andere ihre Fehler ausbügeln. Das Joch der göttlichen Bevorzugung trägt sie auf der Zunge.
Arglos verteilt sie Peitschenhieb ähnlich ihre Einfältigkeiten, um ein wenig Licht und Sinnhaftigkeit unter die Anwesenden zu bringen. Diese ganze Hingabe, den Mittelpunkt der anderen neu auf sich selbst auszurichten, ist ein kräftezerrender Akt der grenzenlosen Selbstlosigkeit.
…Alles nur für die anderen.
Kommentare